Stefan Römer – Dream machines

Bei diesem ramponierten Objekt handelt es sich um die zweite von fünf von mir um 1984 gebauten Dream machines in einem entkernten TV-Gehäuse. Zu dieser Zeit habe ich sehr viele Performances mit Sprache und Geräuschcollagen in subkulturellen Veranstaltungen aufgeführt (von Köln bis Frankfurt/M.). In diesen etwa hundert Sound-Performances u. a. auf Parties in besetzten Häusern und auf von Kommunen bewohnten Bauernhöfen, setzte ich spezifische Lichteffekte ein. Oft gipfelten meine Performances in einer symbolischen Zertrümmerung eines TV https://www.youtube.com/watch?v=4VVMeBgUZ0A So nutzte ich auch diese Dream machines sowie andere umgebaute TV-Gehäuse, um eine eindeutige Assoziation zu William S. Burroughs und der britischen Musikgruppe „Throbbing Gristle“ zu erzeugen. Die Intention bestand in der BRD unter der konservativen Regierung darin, experimentell eine kritisch subversive Stimme zu formulieren. Meine – heute als low-tech zu bezeichnenden – Performances fanden in extrem unterschiedlichen Räumen mit ebensolchem Publikum statt. Die Dream machine in ein TV-Gehäuse einzubauen, hatte das Ziel, eine größere Konzentration zu gewährleisten, als wenn auch das räumliche Umfeld mit den Lichtstrahlen bestrahlt wird.

Nach einigem Zögern habe ich der Anfrage des Kurators zugestimmt, diese letzte erhaltene, durch die lange Lagerzeit in Mitleidenschaft gezogene Dream machine auszustellen, denn sie zeigt mein künstlerisches Interesse an der „bewusstseinserweiternden“ Dimension von Kunst im Sinne eines politisch verstandenen „Expanded Film und Media“ in den 1980er Jahren. Dies markiert einen extremen Gegensatz zu den späteren Beispielen in der Kunst (bspw. bei Cerith Wyn Evans), Dream machines als Designobjekte im White Cube zu präsentieren und zu vermarkten.

Man stelle sich vor, dass Anfang der 1980er Jahre in der BRD Informationen über die subkulturelle und die Bewusstseins-Avantgarde vor allem über sehr rare Printerzeugnisse zu erlangen waren, da das Internet noch nicht in Gebrauch war. Für die Dream machine bedeutete das in meinem Fall der Buch- und Plattenladen „235“ in Bonn, wo ich das Buch „Die elektronische Revolution“ von William S. Burroughs (Engl. 1971, Dt. 1981) und die Ausgabe von „REsearch–William S. Burroughs, Throbbing Gristle, Brion Gysin“ (San Francisco 1982) und später das Buch zum deutschen Underground-Film „Decoder“ (Feb. 1984) erwarb. In diesem Buch zum Film fand ich die erste Schablone für eine Dream machine, aus der ich die hier gezeigte Maschine gebaut habe.

(Stefan Römer, Berlin 2020)